Kletterblatt 2015 - page 12

Ba.Sc. Geographie und
Gartenbauwissenschaften,
Baumpfleger,
Dozent für SKT und SZP
Mathias Oppolzer
SZT, Höhenrettung,
Baumpflege
Dozent für SZT
Thomas Wahls
Selbstständiger Baumpfleger,
Ausbilder der
Münchner Baumkletterschule,
Autor des Buches „Baumknoten“
Dirk Lingens
passive Umlenkung, obwohl die Rolle
scheinbar „lose“ ist!
ImBeispiel 2
stellenwir nun denBe-
griff „fest“ auf die Probe: Uns begeg-
net ein ähnlicher Aufbau wie im Bei-
spiel 1. Nur dass auch hier eine feste
Verbindung zwischen demZugpunkt
Z und der Last vorliegt. Der Abstand
a von der Rolle R zur Decke D bleibt
beimHubvorgang gleich, damit ist die
Rolle fest im Raum. Wieder verteilt
sich die Last gleichmäßig auf beide
Seilstränge. Auchmuss amZugpunkt
die doppelte Seillänge 2b eingeholt
werden, um die einfache Strecke b
aufzusteigen. Es gibt also einen Ef-
fekt auf die Übersetzung von 1:2. Und
wieder verändert sich die Distanz
vomZugpunkt Z zur Rolle R.
(Siehe Grafik 3)
Fazit:
Wenn wir Licht ins Dunkel brin-
genwollen, müssenwirmanchmal
eben die Perspektive wechseln!
Allerdings kann es zu unnötiger Ver-
wirrung führen, wenn inderEuphorie
desEntdeckens pauschal alleBegriffe
in Frage gestellt werden. Dies ist uns
selber passiert. Daher haben wir uns
zusammen getan, um die verschie-
denen Schulen (Herangehensweisen)
und Erkenntnisstände zusammen zu
führen. Dazu war es nötig, die Be-
grifflichkeiten in diesem Bereich zu
verändern und anzupassen, damit
Erklärungen aller uns bekanntenFla-
schenzüge in Zukunft einfacher und
weniger verwirrend werden. Wir ha-
ben uns bewusst dagegen entschie-
den, die klassischen Erklärungen
beizubehalten und das umlaufende
System als Sonderfall zu betrachten.
UnsererMeinung nach schränkt dies
den Blick von Anfang an zu sehr ein.
Anmerkung:
DieserArtikel setzt einiges anGrund-
wissen voraus und richtet sich vor
allem an jene, welche anderen die
Thematik vermittelnwollen. Für alle,
die sich Flaschenzügen in Theorie
und Praxis von Grund auf nähern
wollen, ist ein umfassendes Buch in
Arbeit. Das soll voraussichtlich bis
zum Herbst 2016 veröffentlicht wer-
den. (Siehe Grafik 4 + 5)
Grundlagen„Freischneiden“
Ein kurze Erklärung des Freischneidens von Flaschen-
zügen von Dirk aus 2006:
Die Verhältnisse der Mischformen und der, für die es
keinen Namen gibt, sowie aller anderen Flaschenzüge
lassen sich auch berechnen. Die Methode nennt sich
„Freischneiden“.An einem einfachen Beispiel (ein klas-
sisches Z-Rig) lässt sich das Prinzip darstellen: Man
beginnt am Ende und schreibt an das Seil des
Flaschenzuges, an dem gezogen wird, eine 1. An der
ersten Rolle wird die Kraft umgelenkt. Also steht an
demSeil,dasdieersteRolleverlässt,aucheine1.Ander
Rolle wirken 2 mal 1.Das Seil mit dem Faktor 1 verläuft
weiter zur nächsten Rolle, wird dort umgelenkt und
wirkt zusammen mit der„Faktor-2“-Rolle an der Last.
1+2 = 3.Nach diesem Prinzip lassen sich alle hier abge-
bildeten Flaschenzüge errechnen.
1
3:1
1
1 1
1 2
3
1
Grafik 3
Die Goldene Regel der Mechanik
Die Goldene Regel der Mechanik besagt das
Arbeit = Kraft xWeg
.
Dieses Gesetz hat uns die Möglichkeit gege-
ben, die Beobachtung aus Beispiel 2 und
andere durch Messungen zu beweisen. Damit
wird dieTheorie durch die Praxis bestätigt.
(Da sich diese Regel auf reibungslose Systeme
mit idealen Seilverläufen bezieht, sind diese
Versuche Annäherungen.)
Beispiel: Person / Gewicht liegt auf dem Boden in gebremster Rolle. Das Seil wird mit einem Stück Klebeband direkt
hinter der Rolle markiert.
Das Gewicht wird über das Seil die Strecke X angehoben. Diese Strecke X entspricht dem Abstand zwischen Markie-
rung auf dem Seil und der Rolle.
Zugweg
Hubweg
=
X
X
Grafik 4
Grundlagen„Hebelgesetze“
Eine weitere Hilfe zumVerständnis der Funktion der Rollen in Flaschenzügen bietet die Betrachtung
der Hebelgesetze.
„Riesig ist des Schlossers Kraft,wenn er mit dem Hebel schafft“
Es ist klar,dass ein Hebel,richtig eingesetzt,eine Kraftersparnis einbringt.
Ein zweiarmiger Hebel erfordert zum Heben (Drehpunkt mittig) auf beiden Seiten die gleiche Kraft
(ähnlich wie eine Aufhängung im gleichschenkligen Kräftedreieck).
Ein einarmiger Hebel verringert durch seine Länge den Kraftaufwand.
.
Ersatzsituation
„zweiarmiger Hebel“
mit Drehpunkt D in
der Mitte:
weil r = konstant
ist auch
F
Z
= F
L
Der„zweiarmige Hebel“ beschreibt immer
die Kraftübertragung entlang des Seiles.
Der„einarmige Hebel“ beschreibt immer die
Kraftübertragung zum Anker der Rolle.
Während eines Zugvorgangs sind
immer
beide Hebel aktiv!
Ersatzsituation
„einarmiger Hebel“
mit Drehpunkt D am
Hebelende:
weil l
z
= 2l
L
gilt
F
L
= 2F
Z
r
D
r
F
L
F
z
l
Z
D
l
L
F
L
F
z
Grafik 5
Alle Abbildungen erstellt von Mathias Oppolzer
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Flaschenzug
Technik
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