Doppelseil können sollte, was da konkret abläuft
im Baum. Probieren, viel überlegen, basteln, wie-
der probieren usw. Irgendwann hatte ich eine Lö-
sung gefunden, zumindest ein Funktionsprinzip.
Danach kamen Holzmuster und verschiedene Mo-
delle in Aluminium. Bis zur Zertifizierung hat es
dann aber noch drei Jahre gedauert.
Der Lockjack hat das Problem mit dem Rei-
bungswiderstand minimiert. Würdest Du die
Entwicklung als revolutionär bezeichnen und
ersetzt der Lockjack die Klemmknoten oder
besteht ein Konkurrenzkampf zwischen diesen
beiden Systemen?
Der Lockjack kann die meisten Klemmknoten nicht
nur ersetzen, sondern hat klare Vorteile zu bieten.
Das können heute viele Kletterer bestätigen. Der
Lockjack Sport war dabei meine Antwort auf die
Weiterentwicklung der Klemmknoten. Er ist tat-
sächlich eine Neukonstruktion, weshalb auch die-
ses Gerät als eigenständiges Patent anerkannt
wurde. Außerhalb der Richtlinien der für mich stets
geltenden Normen für PSA konnten sich dann aber
auch Klemmknoten verbreiten, die wie Wildpferde
nicht von jedem beherrscht werden können. Aber
selbst diese schnellen Klemmknoten konnten die
Verbreitung des Lockjack nicht aufhalten.
Dann ist es also richtig von einer Konkurrenz
der zwei Systeme zu sprechen?
Die Konkurrenz wird teilweise überzeichnet darge-
stellt. Klemmknoten haben eine lange Tradition
und für sie spricht ihre Einfachheit und die Leich-
tigkeit des Systems. Außerdem benötigen sie wenig
Material. Was gegen sie spricht, wird gern ver-
schwiegen. Wer kritisiert schon gern sein frisiertes
Moped, wenn man damit der schnellste ist. Dabei
hat zum Beispiel Dan Kraus schon vor Jahren mit
seinem 3. Platz bei einer Weltmeisterschaft ge-
zeigt, was selbst unter Wettkampfbedingungen
mit einem Lockjack möglich ist. In der täglichen
Baumpflege gibt es heute jede Menge Baumpfle-
ger, die sehr zufrieden sind mit dem Lockjack und
weiteren Gerätschaften mit dem ART-Logo.
Dein einmal formuliertes Ziel, etwas zu entwi-
ckeln, mit dem dynamischer und effektiver ge-
klettert werden kann als mit den Klemmkno-
ten, hast Du also erreicht.
Das Ziel ist bereits mit dem aktuellen Lockjack
durchaus erreicht. In der Kombination mit dem
Ropeguide ist er sehr leistungsfähig. Aber es
geht weiter. Die jetzt realisierte Fangstoßdämp-
fung am Ankerpunkt beim Ropeguide ist mir
sehr wichtig, denn die passive Sicherheit ge-
winnt zu Recht mehr und mehr an Bedeutung.
Du hast damit Standards geschaffen, an der
die Berufsgenossenschaften und die Kletterer
nicht mehr vorbeikommen. Wird da nicht eine
unnötige Bürokratie in den Baum gebracht?
Nein. Die Berufsgenossenschaft wollte von An-
fang an, dass ausschließlich zertifizierte Ausrüs-
tung eingesetzt wird. Die Klemmknoten wurden
lange geduldet, weil es vermeintlich nichts Bes-
seres gab. Die Zertifizierungen allein bedeuten
aber nur, dass Standards zur Arbeitssicherheit
eingehalten werden, so viel zum Thema Büro-
kratie. Keiner regt sich darüber auf, dass zertifi-
zierte Helme in der Baumpflege zu tragen sind,
oder zertifizierte Seile und Spleiße. Wie gut oder
schlecht die jeweiligen zertifizierten Produkte in
der Praxis dann sind, entscheidet aber der An-
wender. Auch die ART-Produkte verkaufen sich
nicht allein über die Zertifizierung, sondern in
erster Linie über ihre Leistungsfähigkeit.
Aber es bleibt eine Einschränkung. Wo bleibt
da die Freiheit des Einzelnen? Ich erinnere
Dich an Kant, den Du vorhin zitiert hast.
Für die Anwender sollen die Risiken minimiert
werden und ein möglichst Körper schonendes Ar-
beiten ermöglicht werden. Die Freiheit im Baum
und die Eigenverantwortung bleiben bestehen.
Der Baumkletterer bleibt immer Individualist,
denn er muss beim Klettern und Arbeiten per-
manent Entscheidungen treffen. Bei der Ausrüs-
tung ist es ab einem gewissen technischen Ni-
veau für den Einzelnen einfach nicht mehr sinn-
voll, alles selbst zu machen. Das moderne Leben
wird ja dadurch einfacher, indem man speziali-
sierte Techniken, die der Markt anbietet, ein-
setzt. So funktioniert Fortschritt.
Interwiev
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kletterblatt
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