Kletterblatt 2006 - page 17

Bei Krankheit hilft der Arzt,
wenn es brennt, ruft man die
Feuerwehr und das Haus
plant der Architekt.
Bei Problemen mit Bäumen
wurde häufig zuerst der Förs-
ter gefragt, der im Studium
vor 25 Jahren vor allem das
Erziehen ertragreicher und
stabiler Waldbestände gelehrt
bekommen hat und vielleicht
nicht mehr Kenntnisse über
den Zottigen Schillerporling,
den Brandkrustenpilz und den
Unglücksbalken besitzt, als
der Baumeigentümer. Musste
ein Baum geschnitten werden,
wurde eventuell die Feuer-
wehr mit der Drehleiter und
der Motorsäge aktiviert oder
der Forstarbeiter mit dem ge-
liehenen Hubsteiger oder der
arme Gärtner mit seiner 12 m
Anstellleiter.
Die Baumkletterer, als relativ
neue Gruppe, müssen sich
erst etablieren. Da hilft keine
Überheblichkeit gegenüber
Förstern, Gärtnern oder Kun-
den, sondern Aufklärungsar-
beit. Die fachliche Seite ist
vielleicht noch einfach zu er-
klären. Wer den Zustand des
Baumes nicht einschätzen
kann, wird kaum die richtige
Schnittmaßnahme empfehlen.
Schwerwiegende, ungerecht-
fertigte Eingriffe in die Baum-
krone und schlechte Schnitt-
führung können dem Baum
schaden. Schwieriger wird es
schon, dem Laien die techni-
sche Seite zu erläutern. Wer
einen Gurt und einen Helm
trägt und am Seil hängt, ist
Bergsteiger. Doch es gibt we-
sentliche Unterschiede zwi-
schen Bergsteigern und
Baumkletterern. Die wichtigs-
ten habe ich in Tabelle 1 ge-
genübergestellt.
Neben den Bergsteigern gibt
es noch weitere Personen-
gruppen, die mit Gurten und
Seilen zu tun haben, zum Bei-
spiel Höhlenkletterer, Höhen-
arbeiter und Höhenretter.
Diese Kletterer haben mit den
Baumkletterern einiges ge-
mein. Sie arbeiten zumeist
mit oberhalb liegenden An-
kerpunkten, verwenden halb-
statische oder statische Seile
und werden auch gefragt, ob
sie Bergsteiger sind.
Seit es die SKT-Ausbildung für
die Baumpflege gibt, werden
von den Schulen jährlich hun-
derte Baumkletterer ausgebil-
det. Das ist gut, weil es den
Bekanntheitsgrad des Arbeits-
verfahrens erhöht. Das ist für
den einzelnen Kletterer mit-
unter auch schlecht, weil die
gerade entdeckte Lücke im
Überangebot der Dienstleis-
tenden nun plötzlich durch
fünf Mitbewerber in unmittel-
barer Nachbarschaft wieder
geschlossen wird. Und da ist
es noch von Vorteil, wenn
diese Mitbewerber wenigs-
tens ausgebildet sind und
ebensoviel in Ausrüstung und
Fortbildung investiert haben.
Dann sind sie nämlich an das
gleiche Preisgefüge gebun-
den. Da die Qualität in der
Vergabe von Baumpflegeauf-
trägen leider oft nur eine un-
tergeordnete Rolle spielt, ist
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