Kletterblatt 2015 - page 87

kletterblatt 2015
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Ausland
Report
etwas. Das Leben ist überall,
und ichmittendrin. Unterwegs
zu meinen Bäumen muss ich
immer den Sarapiquí Fluss
mittels einer Hängebrücke
überqueren.
Schon dort treffe ich auf manchenWaldbewohner, mal ist
es eine Waschbärfamilie, mal ein Baumstachler oder ein
Wickelbär. Das ewige Flussrauschen unter mir, aus der
Vegetation das metallische „Tink“ des allgegenwärtigen
Tink-Frosches (Diasporus diastema). Ich hoffe oft genug,
es möge trotz des Blitzens nicht regnen, oft genug tut es
das doch, aber erst nachdem ich das Seil eingebaut habe.
Bei tropischenSchauern ist kletternnicht unmöglich, aber
das Forschen wird extrem behindert. Abgesehen davon
verziehen sich auch die Tiere und es gibt dann nichts zu
forschen. Ich breche dann ab, lege die durchnässte Ausrü-
stung in den provisorischenTrockenschrank. Nach einem
Jahr feuchter Wärme korrodieren diverse aluminiumle-
gierte Teile meines Klettergurtes und einige Karabiner
(Abb. 5). Selbst dieBerater vonFreeworker, die ich aus dem
Forschungsgebiet perMail kontaktiere, haben so etwas in
ihrer langenPraxis noch nie gesehen. Ersatzmuss her, Er-
satz kommt – und ihmsteht ein ähnliches Schicksal bevor.
Neuer Abend, neues Glück. Ich
gehe an mir schon bekannten
Wohnhöhlen von Vogelspinnen
vorbei, immer auch auf der Suche
nachLanzenottern, die ab und zu
auf den Waldwegen liegen. Beim
Seileinbau in der Nacht achte ich
auf die 24-Stunden-Ameisen, die gerne die Zugschnur als
Weg in die Krone nutzen. Ist das Seil eingebaut, suche ich
noch die bodennahe Umgebung nach meinen Spinnen ab.
Ich notiere die verschiedenen Werte und dann kann es
hoch gehen. Langsam kletternd und alle zwei Meter an-
haltend suche ich nach Spinnen, schaltemeine Stirnlam-
pe aus und das UV-Licht ein. So kann ich die fluoreszie-
renden Skorpione finden. DieHöhe der Tiere über demBo-
denmesse ichmittels eines 50Meter langenMessbandes,
andessen losemEnde ich einenWurfbeutel zumBeschwe-
ren befestigt habe. Das Seil verschwindet in der Schwärze.
BeimKlettern in dichter Vegetation bin ich besonders vor-
sichtig. Neben den schon bekanntenAmeisen kommt hier
oben auch die Greifschwanz-Lanzenotter (Bothriechis
schlegelii) vor. Sie ist recht selten und auch kaumangriffs-
lustig, aber wenn man ihr zu nahe kommt, beißt auch sie.
Und so etwas kann ich mir nicht leisten, wenn ich gerade
alleine klettere. In den zwei Jahren treffe ich beim
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