Kletterblatt 2016 - page 34

kletterblatt 2016
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nach Erfahrungsberichten von Rhob undMarcus
M. A. Theater- undMedienwissenschaft, Online-
Redakteurin bei der Freeworker GmbH, derMünchner
Baumkletterschule und demBaumpflegeportal
Elisabeth Morgenstern
Jeder, der auf seinemHintern landete, wurde von gutmü-
tigen Lachern begleitet.
Das Training ging also gut vorwärts – vor allem mit den
jüngeren, fitteren Kletterern, die den Großteil der Arbeit
auf sich nehmen werden und der HOCRU eine gute Per-
spektive für die Zukunft bieten. Die Bodenleute kontrol-
lierten die Kletterer, bevor sie aufstiegen, gaben Anwei-
sungen und motivierten sie mit Bahaglish / Englasa,
einemMix aus Bahasa und Englisch: „Mantaap!“ Andrew
kletterte auf benachbarte Bäume, umdieArbeit und deren
Fortschritt auf beeindruckenden Bildern festzuhalten.
Übrigens: Gummistiefel und Fußsteigklemmen funktio-
nieren super zusammen …
Die OIC-Mitglieder lernten grundlegende Knoten, die sie
brauchen würden, den Aufstieg am Doppelseil, den Seil-
einbau und die Höhenrettung. Gerade letzteres interes-
sierte die Leute von HOCRU sehr und sie waren erpicht
darauf, das zu lernen. Für die Rettung zeigten die Trainer
ihnen ein einfachesRigging Systemmit Rolle, Seil undAb-
seilachter, um die Reibung zu kontrollieren. Außerdem
lernten sie, wie sie einen Orang-Utan mit der Hilfe eines
Flaschenzuges hochheben können. UmdenAffenmit dem
Systemzu verbinden, wurde einKlettergurt vonHeightec,
denGeoff online gefunden hatte, benutzt – zwar nicht un-
bedingt der bequemste Gurt, aber bestens geeignet für
Rettungseinsätze.
Das Training gipfelte in einer Rettung des britischen
Orang-Utan Tony mit Hilfe durch das HOCRU-Team, bei
dem leider einMitgliedwegen eines Trauerfalls in der Fa-
milie fehlte. Nichtsdestotrotzmachte das Teameinen fan-
tastischen Job und bewies, was sie alles gelernt hatten. Sie
retteten Tony, den Orang-Utan, schnell und sicher.
Gegen Ende des Trainings entschied sich das britische
Team, auf ein paar größere Bäume, die es imWald gefun-
denhatte, zuklettern. Nachdemdas Zustiegsseil eingebaut
war (mit einem laufenden Palstek, sodass sie schon allein
deshalb dort noch einmal hochmussten, um das Seil zu-
rückzuholen), wurden sie von einem gewaltigen Regen-
sturmerwischt, begleitet von ein paar Blitzen undDonner.
Als der Sturm vorbeigezogen war, stieg Geoff als erster
hoch, nur um von Bienen umschwärmt zu werden. Er be-
wahrte aber einen kühlenKopf und so folgteMarcus ihm.
Da die Bienen nicht aggressiv waren, versuchten sie ein-
fach, sie zu ignorieren. Sie erreichten eine gute Position
und installierten ein Seil für Andrew zumFotografieren.
Während Marcus die Landschaft genoss, bemerkte er ei-
nen Baummit weißer Rinde in einiger Entfernung und et-
was Braun-Oranges, das dort saß. Als es sich bewegte, re-
alisierte er, dass dort einOrang-Utankletterte. Er gab dem
OIC-TeamamBoden Bescheid. Diese waren besorgt, dass
es sich umein aggressivesMännchen, das sie gerettet hat-
ten, handeln könnte. DeshalbwartetenGeoff undMarcus
im Baum ab und beobachteten den Affen einfach, der sie
ebenfalls beobachtete.
Sie riefendenLeutenunten grobRichtung undEntfernung
zu, sodass sie selbst nach demAffen schauen konnten. Sie
begannen, Orang-Utan-Laute zu machen und der Affe
kletterte und schwang um die Baumspitze herum. Dabei
lieferte er Geoff, AndrewundMarcus eine tolle Show, ehe
er sich in Richtung der unteren Krone bewegte, um nach
Tony und demOIC-Team zu sehen.
Das war einwirklich gelungenes Ende dieses Trips! Nach
einer weiterenNacht imDschungel ging es wieder zurück
nachMedan. Nach einer dreistündigen Panne erreichten
die Jungs von Sawpod Ltd endlich das Janger Haus – die
meist herbeigesehnte Dusche überhaupt!
Letzten Endes war es ein wirklich erfolgreicher Trip. Die
Leute vomOIChaben nun die Fähigkeiten, ihre Arbeit gut
und sicher durchführen zu können. Sie waren sehr dank-
bar für all dasWissen, das Tony, Geoff, Marcus und Rhob
mit ihnen geteilt haben. Die vier Briten hatten am Ende
ihrer Reise großen Respekt vor all den Opfern, die das
Teamerbringt, umdie Orang-Utans zu retten. Dazu gehö-
ren lange Trennungen von Zuhause, Familie und Freun-
den und die Bedrohung durch die Besitzer der Palmöl-
Plantagen. Dennoch ist ihre Arbeit sehr wichtig. Deshalb
ist es ein gutes Zeichen, dass der Direktor der OIC für sein
herausragendes Engagement mit demWhitley Award in
Großbritannien ausgezeichnet wurde.
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