Kletterblatt 2017 - page 40

ten die Möglichkeit bestand, ohne
Umbau auf- und abzusteigen, wurden
nun auch Vergleiche mit den Tech-
niken am umlaufenden Seil ange-
stellt. Vonnunanwurde an einemSeil
aufgestiegen und gearbeitet.
DieHerstellung derGeräte übernahm
die Firma ISC, die Händler hatten ei-
nen reißendenAbsatz, weil vieleKlet-
terer neugierig waren auf die neuen
Möglichkeiten. Wieder spielte die
Vernetzung eine große Rolle bei der
Erkenntnis, dass man die bisherige
Planung der Wege im Baum über den
Haufen werfen muss. Ganz pauschal
gesagt, bewegt man sichmit demum-
laufendenDoppelseil eher horizontal,
arbeitet den Baum also in einzelnen
Astebenen ab, während man amEin-
fachseil die vertikaleRichtung bevor-
zugt und die Arbeit entlang imagi-
närer senkrechter Achsen plant. Des-
halb werden mehrere Gabeln in der
Oberkrone als Ankerpunkte oder als
Umlenkungen in den Seilverlauf ein-
gebunden.
Unfallversicherer kritisieren
fehlende Normung
Die Verbreitung nahm ihren Lauf, bis
die SVLFG als Unfallversicherer be-
mängelte, dass vom Hersteller nicht
alle Hausaufgaben erledigt worden
waren. Der Rope Wrench wurde in
Deutschland ohne Bedienungsanlei-
tung inLandessprache vertrieben. An
dieser Stelle wurde relativ schnell re-
agiert und nachgearbeitet. Das größe-
re Problemwar jedoch, dass dasGerät
nach keiner Europäischen Norm ge-
prüft wordenwar. Beide Forderungen
entsprechendenRegelungender PSA-
Richtlinie 89-686-EWG und werden
auch in der neuen PSA-Verordnung
enthalten sein, die in den nächsten
zwei Jahren dieRichtlinie verbessern
undersetzensoll. DerRopeWrench ist
imSinne der Richtlinie ein „Bestand-
teil der PSA, der für ihr einwandfreies
Funktionieren unerlässlich ist“, wird
also vollumfänglich auch als PSA be-
handelt. Das Argument, der Rope
Wrenchwürdedoch „nur“ dieReibung
ein wenig umverteilen, ist zwar nicht
von der Hand zu weisen. Dennoch ist
das gesamte System ohne das Gerät
nicht einwandfrei funktionsfähig. ISC
lieferte keine Prüfung des Gerätes
nach, nicht konkret nacheinerENund
auch nicht in Anlehnung, womit sich
schon mancher Hersteller beholfen
hat, wenn es für das Produkt keine
wirklich passende Norm gab.
Woran es lag, dass dieNormung nicht
in Angriff genommen wurde, ist für
Außenstehende nicht ganz klar. Tat-
sache war, dass die Geräte gebaut,
ausgeliefert, verkauft und benutzt
wurden. DieMünchner Baumkletter-
schule beschloss, einen Workshop
zum Thema SRT anzubieten, um ab-
seits von Facebook und Youtube
Grundlagenwissenzudemdurchstar-
tenden neuen Verfahren zu vermit-
teln. Ältere Ausbilder fühlten sich an
die Anfänge der SKT in Deutschland
erinnert. Das Verfahren war mit der
Motorsäge verboten, aber die Klette-
rer waren damit auf den Bäumen. Die
Kurse vor der Zulassung der SKT im
Jahr 2001 sollten so etwas wie Scha-
densbegrenzung betreiben. Es gab die
Arbeit, motivierteKletterer undAus-
rüstung und das Klettern war nicht
unüberschaubar gefährlich. Warum
soll man den Neueinsteigern nicht
zeigen, wie man es gut und sicher
macht?Man kann undmuss nicht al-
les aus eigenen Fehlern lernen. Auch
die SRTbefand sich gerade erst indie-
sem Stadium, als die SVLFG im
Frühjahr 2016 den Schulen die Aus-
bildung auf diesem Gebiet ausdrück-
lich untersagte. Es ging immer noch
darum, zu erreichen, dass ISC das in
denVerkehr gebrachte PSA-Bestand-
teil einer Prüfung unterzieht. Weil
der Hebel offenbar zu kurz war, um
beimHersteller anzukommen, wurde
nun Druck auf die Schulen ausgeübt.
Da bisher nur wenige Schulen SRT-
Veranstaltungen angeboten hatten,
war das kein großer Einschnitt in die
SRT-Praxis. Die Geräte konnten im-
mer noch gekauft werden und es gab
keine Verpflichtung, einen Kurs zu
besuchen, welcher nun durch dasVer-
bot blockiert wurde. Aus diesem
Grunde kam immer noch kein Druck
beim Hersteller an und die SRT ge-
SRT mit Knoten und Rope Wrench.
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