Kletterblatt 2016 - page 88

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teilung ideal geeignet, um sie mit ei-
ner Hand wie ein Schwert durch die
Äste zu führen. Ideal, dachte ich mir,
die muss ich haben! Schließlich
brauchte ich beim Sägen auf der Lei-
ter eine freie Hand, um mich irgend-
wo festzuhalten. Seilklettertechnik
war noch ein Fremdwort und die Bü-
gelsäge für dickere Äste völlig unge-
eignet. DieGefahren bei der Einhand-
Bedienung wurden mir schmerzlich
klar, als mein Unterarm Bekannt-
schaft mit der auslaufenden Kette
machte. Eine Narbe wird mich mein
ganzes Leben an diesen Unfall erin-
nern. Ähnliche Erfahrungen haben
wahrscheinlich viele gemacht, wes-
halb heute niemand mehr von „Ein-
hand“ spricht, sondern von Top-
Handle und Zwei-Hand-Bedienung.
Zu Recht!
Top-Handle-Sägen sind klein, kom-
pakt, leicht und stark. Ideal für Baum-
kletterer, schließlich geht es imBaum
oft eng zu. Wendigkeit ist angesagt.
Eine Hand hält ergonomisch das Ge-
wicht des Motorblocks und steuert
bequem das Gas, die andere sorgt für
die korrekte Stellung der Säge und die
stabile Schnittführung. Am Boden
ergonomisch zu arbeiten, ist einKin-
derspiel. ImBaumwird es anspruchs-
voll, das wissen alle kletternden
Baumpfleger. Der geforderte stabile
Stand ist oft nur mit kunstvoll und
sportlich anmutenden Fußbela-
stungen, Beinabwinkelungen und
Körperstellungen zu erreichen, abge-
stimmt auf Aststellung und Seilfüh-
rungen der Sicherungssysteme.
Der Einsatz vonMotorsägen bei Klet-
terarbeiten im Baum stellt an die
Technik hohe Anforderungen. Einen
Motor kopfüber, schräg, seitlich, nach
unten oder oben mit allem zu versor-
gen, was er braucht, um mit hohen
Drehzahlen gleichmäßig und zuver-
lässig Leistung zu bringen, ist eine
harte Nuss für Motorsägen-Herstel-
ler. Als ich vor vielen Jahren als Klet-
terer gebucht war, umeine neue Top-
Handle während einer Messe vorzu-
führen, versagte die Motorsäge (ein
Prototyp) bei speziellen Abwink-
lungen mitten in der Vorstellung
ihren Dienst, systembedingt.
Ein zweiter Prototyp wurde ei-
lends eingeflogen; gleiches Pro-
Für viele Arbeiten im Baum ist die
Motorsäge unverzichtbar. Viele Jahre
warMotorsägen-Einsatz inKombina-
tion mit der Seilklettertechnik ein
Zankapfel. Diese Zeiten sind vorbei.
Längst hat man erkannt, dass die
Seilklettertechnik dem gefährlichen
Arbeitenmit derMotorsäge imBaum
die notwendige Sicherheit bieten
kann.
Als ich vor ca. 39 JahrenmeineBaum-
pflege-Karriere begann, reichte mir
zunächst eine Bügelsäge. Nach der
Teilnahme an einem Motorsägen-
Lehrgang war klar: Ichwill eine rich-
tige Motorsäge wie die Forstprofis.
Mein Händler vor Ort war Stihl-
Händler. So kaufte ich eine mittel-
große Stihl-Motorsäge, nach dem
Motto: Qualität ja, aber Eine fürAlles!
Das musste reichen. Schließlich war
ich Student, Geld war knapp. Nach-
teil: Die Säge war für Stämme zu
klein, für Geäst zu groß.
Esmuss vormehr als 30 Jahren gewe-
sen sein, als ich von einer kleinen und
handlichen „Einhand-Säge“ vonEcho
hörte. Sie war von der Gewichtsver-
Top gehandlet – von Freihand zu Top Handle
Ein Baum ist faszinierend. In ihm zu arbeiten einzigartig. Kein Wunder, dass sich so viele für den Beruf des kletternden
Baumpflegers / der kletternden Baumpflegerin begeistern, obwohl es ein harter, anspruchsvoller und nicht ungefähr-
licher Beruf ist. Die Arbeit im Baum ist eben mehr als ein Beruf, sie ist für viele ein Lebensgefühl. (Johannes Bilharz)
Damals
wie
Heute ...
Bild aus dem Vorwort
des Freeworker-Katalogs 2014
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