Kletterblatt 2015 - page 32

kletterblatt 2015
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Baumklettern
Praxis
Ohne Abstieg
von Baum
Traversieren
T
raversieren ist in einigen Situati-
onen sinnvoller als in anderen. So
ist es für Kletterer bei hohen, eng-
stehenden Bäumen nützlicher als in
niedrigen, breitkronigenBäumen. Bäu-
me, die sich zumTraversieren eignen,
sind Pappeln, Liriodendron (Tulpen-
baum), Eukalyptus, Dipterocarpaceae
(Flügelfruchtgewächse) und die mei-
sten Koniferen. In Mitteleuropa sieht
die Situation natürlich etwas anders
aus.
on Nadelbäumen
haben den zusätzlichen Vorteil einer
besseren Einsichtbarkeit des Anker-
oder Verbindungspunktes, was bei
Bäumen mit dichter Krone und he-
runterhängenden Ästen eine perma-
nente Herausforderung darstellt.
Im Frühling 2011 wurde vom Autor
(Will Koomjian) mit seinemKletter-
kollegenBrianFrench eine fünftägige
Klettertour ohne Bodenberührung in
einem Bestand aus Oregon-Eichen
(Quercus garryana) durchgeführt, um
mit einer Filmcrewdie Abenteuerdo-
kumentation Treeverse zu erstellen.
Mehrere Baumlücken von teils über
100 ft (30,5 m) wurdenmittelsWurf-
beuteln, ohneHilfsmittel wie Schleu-
dern oder Armbrüste, überwunden.
Unnötig zu sagen, dass viele Stunden
damit verbracht wurden, bekannte
gegenwärtige Techniken zu trainie-
ren, umvoneinemBaumzumanderen
zu klettern. Es wurden sogar noch ei-
gene neu entwickelt. Während einige
der angewandten Methoden nicht
direkt auf das alltägliche Klettern
übertragen werden können, ist es bei
den meisten aber möglich. Die im
Folgenden dargestellten Methoden
sind nachAuffassung des Autors eine
kurzeZusammenfassungder relevan-
testen Querungstechniken für den
Arbeitskletterer.
Die Wurfhakentechnik
(The Hook Method)
Die einfachsten Querungstechniken
– vom Schwingen oder der Verwen-
dung von Stangenwerkzeugen abge-
sehen – schließen die Benutzung spe-
zieller Haken ein, um einen Ast im
entfernten Baum zu greifen, damit
sich der Kletterer entweder rüberzie-
hen oder am Seil mittels SRT fortbe-
wegen kann. Der Kletterer bleibt da-
bei im ursprünglichen Baum gesi-
chert, bis er den Zielbaum erreicht
hat, wo er sich mit seinem Halteseil
kurzsichernkannunddann seinKlet-
terseil aus dem ersten Baum abzieht.
Die zwei gebräuchlichsten Arten von
Haken sind ein Einfach- oder Epple-
Haken–benannt nachdemdeutschen
Baumpfleger Ronnie Epple – auch
„Baumfänger Wurfhaken“ genannt
und der Enterhaken. Einen aus beiden
auszuwählen istmeist eineFrage per-
sönlicher Vorlieben, wobei viele Klet-
terer darin übereinstimmen, dass der
Epple-Hakenbesser bei Laubbäumen,
Sich horizontal von Baum zu Baum
zu bewegen bzw. zu traversieren,
das ist eine Art des Baumkletterns,
die im Alltagsgeschäft der meisten
Baumpfleger eher selten angewen-
det wird. Wer sich aber die Zeit
nimmt, sich die Geheimnisse des
Traversierens anzueignen, wird
feststellen, dass er seine Routen
grundsätzlich anders plant und
Querungen häufiger als gedacht
anwenden wird.
Im besten Fall spart Traversieren
vertikale Bewegungen und
ermöglicht eleganteres Klettern.
Allerdings können Querungs-
techniken bei zu wenig Übung
frustrierend und Angst einflößend
sein. Dieser Artikel soll einige der
Anfängerfehler aufzeigen und
dabei behilflich sein, Traversier-
methoden ohne den Part des
Irrtums aus „trial and error“
zu meistern.
Will Koomjian hat in den Aborist
News die verschiedenen
Methoden des Traversierens
vorgestellt und beschrieben.
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