Kletterblatt 2015 - page 34

kletterblatt 2013
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Baumklettern
Praxis
über die Astgabel im
Zielbaum werfen und
zum Boden laufen
lassen, wo der Bo-
denmann ein an der
Basis angeschlagenes
Seil befestigt. Beim
Einholen des Seils wird
die Wurfleine wieder in
ihr Behältnis verstaut.
Die Enterhakentechnik
(The Grapnel Method)
Eine weitere sichere Traversiertech-
nikwirdmittelsWurfleine und einem
speziellenMini-Enterhakenwie dem
Yella Grapnel (New Tribe, Grants
Pass, Oregon, U.S.) durchgeführt. So-
bald sich der Wurfbeutel über dem
Zielast befindet, wird ungefähr so
viel Leine, derHorizontalstrecke zwi-
schen Kletterer und Ast entspre-
chend, ausgegeben. Dazu kann ein
Slip-knot alsMarkierung dienen. Der
Hakenwird an der Leine befestigt. Da
er leichter als der Wurfbeutel ist,
wird er zumAst gezogen. Erwird aber
gerade so weit absinken, um unter
dem Ast das andere Ende der Wurf-
leine zu greifen, wobei der Kletterer
dann beide Enden zurückholen kann.
Sobald dieWurfleine durch einKlet-
terseil ersetzt wurde, kann sich der
Kletterer zum Zielbaummit Doppel-
seiltechnik, Einzelseiltechnik oder
Seilrutsche bewegen.
Mit ein wenig Übung wird sich diese
Technik als sehr wirkungsvoll he-
rausstellen. Sie funktioniert auch in
dichtem Bewuchs. Es ist nur das
Wurfgewicht den aktuellen Bedin-
gungen anzupassen. Da zum Aufbau
der Traverse eineWurfleine verwen-
det wird, kann der Kletterer, ohne
große Sorge hängen zu bleiben, das
Ende seines Kletterseils benutzen.
Ein großer Nachteil der Enterhaken-
technik ist, dass im Verhältnis zur
horizontalen Distanz der Traverse
die doppelte Vertikale (Höhe des
Zielastes) benötigt wird. Falls der
Wurfbeutel nämlich auf dem Boden
aufkommt, kann er nicht mehr den
Wurfhaken zum vorgesehenen Ast
ziehen. Für diesen Fall gibt es glück-
licherweise einen Spezialtrick. Aller-
dings hilft der nur, solange das Ver-
hältnis von Höhe zur horizontalen
Streckemindestens 1/1 beträgt. Statt
Wurfleine auszugeben und dann erst
den Haken anzubringen, kann der
Kletterer ihn gleichmittels HMS und
Schlüsselkarabiner befestigen.
Eine zweite Abzugsleine – ein kurzes
Stück ist hier ausreichend – befindet
sich amHaken. Der Enterhaken wird
wie oben erwähnt zumAst geschickt
und das andere Seilende wie gewohnt
gegriffen. BeimZurückholen der Lei-
ne muss an der Abzugsleine gezogen
und die Hauptwurfleine ausgegeben
werden, bevor der Wurfbeutel in den
Haken gezogen wird. Da der Haken
mit einemHMS-KnotenanderHaupt-
lei
rd er ander Leine
gleiten bis beide Enden wieder im
Anfangsbaum sind. Bei diesem Ver-
fahren ist Handhabung vonWurflei-
nen entscheidend und es hilft einen
Falteimer imBaum zu haben.
Die Pendeltechnik
(The Pendulum Method)
Ein Verfahren, das sich als sehr lei-
stungsfähig herausstellen kann ist
die Pendeltechnik. Hier wird ein
Wurfbeutel über einen Ast geworfen
und eine Pendelbewegung zurück er-
zeugt. Mit genügend Übung ist es so-
gar möglich, ihn über einen Ast in die
Nähe zu bekommen. In der passenden
Situation, z. B. genügend Freiraum,
um ein Pendel zu erzeugen, kann das
sehr wirksam sein. Auch wenn man
nicht in der Lage ist, die Leine ganz
zurück zu bekommen, kann man sie,
falls sie nahe genug kommt, mittels
Stangenwerkzeug oder mit Klettern
zumWurfbeutel erreichen.
Eine Variante (die Angelmethode) ist
eine zweite Abzugsleine mit Enter-
haken, mit der nach der Hauptleine
geworfen und zurückgezogen wird.
Dies ist in Situationen, wo man die
Wurfleine zwar zurück ins Blickfeld
bekommt, aber physikalisch nicht
erreichen kann. InTreeverse wurden
mit der Fishing Technik (Angelme-
thode) mehrfach Traversen von über
100 ft (30,5 m) errichtet.
Montage der Traverse
(Rigging the Traverse)
Mit all den sicheren Traversiertech-
niken, die hier besprochen wurden,
hat der Kletterer nun die Wahl, fest-
zulegen wie er das Seil nutzt, um in
den Zielbaum zu gelangen: Zur Aus-
wahl stehen doppelte Ankerpunkte
oder eineTiroler Traverse. Unter dop-
pelten Ankerpunkten ist einfach die
Nutzung beiderAnkerpunkte imAus-
gangs- und Zielbaum als getrennte
Systeme gemeint. Im einen System
wirdSeil ausgegeben, während iman-
deren zum Zielbaum aufgestiegen
wird. Doppelte Ankerpunkte sind in
der Regel einfacher einzurichten, bie-
ten die zusätzliche Sicherheit zweier
unabhängiger Einbindungen und er-
möglichen dieWahl zwischenEinzel-
undDoppelseiltechnik zumanvisier-
ten Baum (die Nutzung von handels-
üblichen, gezahnten Seilklemmen an
nicht-vertikalen Seilen ist problema-
tisch; Gebrauchsanleitung beachten).
Da doppelteAnkerpunkte denKlette-
rer zwischen den Fixpunkten auf den
Grund eines tiefen „V“ setzen, kann es
sich in Situationen mit ausladend
tiefbeasteten Bäumen als problema-
tisch erweisen.
Die Tiroler Traverse hält den Klette-
rer auf einemHöhenlevel und so kön-
nen Tiefäste vermieden und Kräfte
gespart werden. Allerdings brauchen
Seilrutschen länger zum Aufbauen
und es gibt mehrere Varianten. Am
einfachsten ist es, eine statische
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