Kletterblatt 2015 - page 38

Praxis
kletterblatt 2015
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Ausbildung
möglich, in einem 25 m hohen Baum
mit dichter Krone einen Ringkambi-
umschoner vomBoden aus einzubau-
en, doch bekommt man damit den
bestmöglichenStart in denBerufsall-
tag? Nein. Aber das Recht darauf hat
man mit der Kursgebühr bezahlt.
Wir prüfen die Verteilung der
Lehrschwerpunkte.
Unsere Ausbilder befragen die Teil-
nehmer nach dem Kurs zu verschie-
denen Themen. Wir möchtenwissen,
ob die Erwartungen erfüllt worden
sind. Es ist illusorisch, zu glauben,
dass jeder Kursteilnehmer hundert-
prozentig zufrieden gestellt werden
kann. Dennochwird genau das immer
unser Ziel bleiben. Die berufsgenos-
senschaftlich reguliertenKurse SKT
A und SKTB lassen imLehrplan ver-
schiedene Auslegungen zu, so dass
das Standardprogramm thematisch
in die eine oder andere Richtung ver-
tieft werden kann. Vor Jahren haben
wir zumBeispiel auf Grund von Teil-
nehmerbefragungen den Anteil des
Motorsägentrainings imSKTB-Kurs
erhöht. Bei derVerteilungder Schwer-
punkte stehen wir vor dem Problem
eines zeitlich nicht dehnbaren Kurs-
rahmens. Eine Kurswoche bleibt eine
Kurswoche. Wenn wir einer Übung
mehr Zeit widmen, wird für einen an-
deren Kursbestandteil die Zeit knap-
per. Außerdem können wir nicht alle
Wünsche berücksichtigen. Ein Klet-
terer, der schon länger in den Bäumen
arbeitet und nun endlich seinen SKT
A-Kursmacht, möchte vielleicht doch
schon die Motorsäge einsetzen und
etwas über seilunterstützte Fäl-
lungenwissen. Das wird auf demAn-
fängerkurs einTabu bleiben, denn da-
mit verlassen wir den legalen und
auch nachvollziehbaren Ablauf, den
der Unfallversicherer vorgibt.
Wir bieten
weiterführende Kurse an.
Alles, was nicht in die beiden Kurse
SKT A und SKT B passt, von den
Baumkletterern, Baumpflegern oder
der Schule jedoch als wichtig angese-
hen wird, prüfen wir auf Kurstaug-
lichkeit. Das sind nicht immer nur
Kletterthemen, weswegen wir sogar
schon darüber nachgedacht haben, ob
derName Baumkletterschule noch zu
unseremKursspektrumpasst. Da das
Baumklettern weiterhin unsere
Kernkompetenz bleiben soll, haben
wir diese Phase inzwischen über-
wunden. Wenn man hier im Kletter-
blatt den mittleren Teil aufschlägt,
stellt man fest, dass es neben Auf-
stiegs-, Rettungs- undRiggingkursen
auch Ausbildungsangebote gibt, die
sichmit den Themen Baumkontrolle,
Baumschnitt oder PSA-Sachkunde
beschäftigen. Nicht zuletzt gibt es
auch die umfassenden Ausbildungen
zum European Tree Worker und Eu-
ropean Tree Technician.
In der jüngeren Vergangenheit er-
reichten uns mehrfach Anfragen, die
bisher mit keinem Kurs genau genug
abgedeckt werden können. Die Form
des so genannten Firmenkurses bie-
tet zwar immer dieMöglichkeit, über
einen frei wählbaren Zeitraum vorab
besprochene Inhalte zu vermitteln,
sofern alle Personen der auszubilden-
den Gruppe die nötigen Vorausset-
zungen erfüllen, aber bei einem tat-
sächlich vorhandenen, allgemeinen
Bedarf lohnt es sich, über ein neues
Kurskonzept nachzudenken. Auf un-
seremAusbildertreffen imJanuar ha-
benwir uns darauf geeinigt, dass zwei
neue Ausbildungen demnächst unser
Spektrum bereichern werden.
Zapfenpflückerkurs
Die Saatguternte ist älter als die SKT,
die zumindest in ihrer heutigen Form
inDeutschland in den 90er Jahren ih-
ren Anfang nahm. Nicht jeder Baum-
samen kann vom Boden aufgelesen
werden. Deshalb klettern Menschen
schon lange auf Bäume, um Saatgut
zu gewinnen. Die technischenMittel
dafür waren früher begrenzt und das
Risiko entsprechend groß. Auchmei-
neBaumkletterkarriere fingmit einer
Zapfenpflückerausbildung an. Ich bin
froh, damals einen Einstieg in die
Baumkletterei gefunden zu haben
und genauso froh, den Einsatz der
dort erlernten Techniken bis zu
meinem SKT A-Kurs überlebt zu ha-
ben. Klingt komisch, ist aber so, wür-
de ein älterer Herr im Kinderfernse-
hen jetzt sagen. Ich bin nach dem da-
maligen Stand der Technik ausgebil-
det worden, der zum Beispiel darin
bestand, dass man nach dem Errei-
chen des dritten grünenAstquirls un-
gesichert bis in die Oberkrone steigt
und dort seineWipfelbruchsicherung
installiert. Ohne Sicherung in 40 m
Höhe als Standardarbeitsverfahren?
Da wird es inzwischen wohl schwie-
rig, einenUnfallversicherer zu finden.
Ganz abgesehen davon, dass man bei
dieser Arbeitsmethode dem eigenen
Leben keinen so großenWert beimes-
sen darf.
NachdemdieSKT für denZustieg und
das Arbeiten im Baum etabliert und
bei der Gartenbau-Berufsgenossen-
schaft zugelassen war, gab es leider
ein Missverständnis bei der Berufs-
genossenschaft, die für den Forstbe-
reich zuständig war. Offenbar war
dort Baumklettern gleich Baumklet-
tern und Kletterer, die sich nach der
korrekten Qualifikation für das Zap-
fenpflücken erkundigten, erhielten
die Auskunft, dass dafür ein Baum-
kletterkurs SKT A vonnöten sei.
Wenn man sich die Techniken, die
dort gelehrt werden, ansieht, erkennt
man Parallelen. Der Aufstieg und die
Bewegung zu den Arbeitspositionen
unterscheiden sich bei der Pflege und
bei der Saatguternte imLaubbaumim
Normalfall nicht. Betrachtetmannun
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