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            kletterblatt
          
        
        
          
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            Thema
          
        
        
          Menschen, die in ihrem Beruf körperlich hart
        
        
          arbeiten, fühlen sich entweder ausgepowert
        
        
          oder ganz im Gegenteil, sie fühlen sich fit und
        
        
          dynamisch. Letztere spüren nicht die Qual,
        
        
          sondern die Kraft, und sie gehen häufig davon
        
        
          aus, im und durch den beruflichen Alltag so-
        
        
          wieso genug für ihren Körper zu tun. Auch bei
        
        
          uns Baumpflegern ist diese Meinung verbrei-
        
        
          tet. Den ganzen Tag arbeiten wir körperlich,
        
        
          klettern im Baum und das sogar noch an der
        
        
          frischen Luft. Das stärkt unseren Körper doch
        
        
          auf besondere Art. Außerdem haben wir noch
        
        
          die H9 als gesundheitliche Eignungsprüfung,
        
        
          die uns die körperliche Fitness schwarz auf
        
        
          weiß bestätigt. Was will man mehr? Oder soll-
        
        
          te das doch nicht alles sein?
        
        
          Ich glaube, wir verdrängen häufig, dass die
        
        
          Anforderungen an den Körper durch die Seil-
        
        
          klettertechnik sehr hoch sind, z. B. durch die
        
        
          extremen Körperpositionen, die wir einneh-
        
        
          men müssen, oder durch die hohen Gewichte,
        
        
          mit denen wir arbeiten. Deshalb ist auch in
        
        
          unserem Beruf ein Ausgleichstraining „Körper-
        
        
          pflege“ erforderlich, um auf lange Sicht, und
        
        
          das auch noch gesund, unseren Beruf ausüben
        
        
          zu können. Denn wer kennt es nicht, dass es
        
        
          hier und da, mal mehr mal weniger, zwickt
        
        
          und drückt, zerrt und schmerzt? Da beginnt
        
        
          der ein oder andere doch zu denken, dass er
        
        
          mit 40 die Grenze erreicht hat, bis zu der er
        
        
          aktiv und effektiv mit der Seilklettertechnik
        
        
          arbeiten kann.
        
        
          Bislang wurde Bewegung von Ärzten haupt-
        
        
          sächlich verordnet, um Krankheiten vorzu-
        
        
          beugen. Kranke hingegen mussten das Bett
        
        
          hüten. Inzwischen werden sogar Herzinfarkt-
        
        
          patienten aufgefordert, sich so schnell als
        
        
          möglich wieder zu bewegen. Für Mediziner
        
        
          und Forscher wird immer deutlicher, dass Be-
        
        
          wegung den Menschen auch dann hilft, wenn
        
        
          sie schon erkrankt sind, und das häufig besser
        
        
          als teure Tabletten- und Hightech-Medizin.
        
        
          Denn der Mensch ist anatomisch darauf aus-
        
        
          gerichtet sich zu bewegen.
        
        
          Einer der ersten, der die Notwendigkeit der Be-
        
        
          wegung für Heilung erkannte, war Josef Pilates,
        
        
          Begründer des mittlerweile bekannten Pilates-
        
        
          Trainings. Als Pfleger in englischen Lazaretten
        
        
          während des Ersten Weltkriegs fand er heraus,
        
        
          dass Verwundete schneller wieder auf die Beine
        
        
          kamen, wenn sie bereits im Krankenbett die
        
        
          noch gesunden Muskeln trainierten.
        
        
          Unsere gesunde Haltung ist das Ergebnis
        
        
          eines empfindlichen Kräftegleichgewichts der
        
        
          Muskeln untereinander und dem richtigen Ver-
        
        
          hältnis von Kraft und Beweglichkeit. Durch
        
        
          mangelnde Bewegung, einseitige körperliche
        
        
          Aktivität oder traumatische Erlebnisse geraten
        
        
          die Muskelgruppen aus diesem Gleichgewicht.
        
        
          Verkürzte Muskeln, steife Gelenke und funkti-
        
        
          onslose Bänder sind die Folge. Jede Steifheit
        
        
          muss durch zusätzlichen Kraftaufwand, d. h.
        
        
          durch größeren Energieeinsatz überwunden
        
        
          werden. Dadurch haben wir weniger Lust uns
        
        
          zu bewegen, weil es nicht angenehm ist, und
        
        
          es wird immer schwieriger, selbst wenn wir es
        
        
          wollen.
        
        
          Aus diesem Grund hält auch ein muskelbe-
        
        
          packter Körper Kraft ohne Beweglichkeit nicht
        
        
          aus. Dagegen kommen durch Beweglichkeit
        
        
          und Lockerheit mehr Kraft und mehr Ökono-
        
        
          mie in die Bewegungen, weil mehr Gelenke
        
        
          und die dazugehörigen Muskeln zur Verfügung
        
        
          stehen. In der idealen Lockerheit erreichen
        
        
          
            -
          
        
        
          forever young?
        
        
          Was Bewegung mit Beweglichkeit zu tun hat