Kletterblatt 2007 - page 18

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Thema
wir mit minimalem Kraftaufwand maximale
Bewegungsfreiheit. Wer locker und entspannt
arbeitet kann seine Tätigkeit präziser und ein-
fallsreicher ausführen und er macht weniger
Fehler. Was noch dazukommt, ist Wohlgefühl
im Körper und Freude an der Bewegung.
Gute Haltung ist bewegt, locker und be-
darf keiner Anstrengung. Allerdings wird Lo-
ckerheit häufig mit Schwäche verwechselt
und Stärke mit Anspannung bzw. Überspan-
nung in den Muskeln. Dabei ist Lockerheit
nicht Schwäche, sondern optimale Bereit-
schaft für jede Bewegung.
Bleibt noch die Frage, ob jede Bewegung
gut tut? Müssen wir also nach der Arbeit nur
noch Gewichte stemmen, ein paar Kilometer
laufen oder radeln oder ein paar Routen in
der Halle klettern, um Fitness und Gesundheit
bis ins hohe Alter zu erhalten? Meiner Meinung
nach ist dies nicht der Fall. Bewegung bzw.
Training an sich verbessert nicht automatisch
die Beweglichkeit. Verkrampftes Üben und Ar-
beiten fördern eine verkrampfte Haltung und
Atmung. Einseitige Bewegungsmuster erzeu-
gen Probleme, die sich unmittelbar oder erst
nach einiger Zeit zeigen. Disbalancen können
oft durch herkömmliche Sportarten nicht aus-
geglichen werden. Diese sind nur in Verbin-
dung mit anderen Bewegungsmustern sinnvoll,
nur dann wird auch gutes Bewegungsverhalten
trainiert.
Trainingswirkung des Alltags
Nicht was man ab und zu macht, sondern was
man normalerweise tut ist entscheidend. Die
„schlechten“ Bewegungsgewohnheiten des All-
tags werden durch die ständige Wiederholung
noch verstärkt. Diesen Wiederholungseffekt
können wir uns umgekehrt auch zunutze ma-
chen, indem wir „gute“ Bewegungen ständig
wiederholen, die so zur Gewohnheit werden.
Genauso wie „harte“ Bewegungsgewohnheiten
harte Muskeln erzeugen, erreicht man durch
„lockere“ Bewegungsmuster lockere Muskeln.
Bewegungsvielfalt und
Bewegungskoordination
Je vollständiger und genauer wir spüren, wo
Bewegung stattfindet bzw. stattfinden kann,
desto größer ist das Potential der Beweglichkeit
und desto präziser ist die Bewegungskontrolle.
Dem Gehirn stehen bessere Landkarten und
mehr alternative Routen zur Verfügung. So
können wir uns die Beweglichkeit der Muskeln,
Sehnen und Gelenke zunutze machen, um Be-
wegungen zu unterstützen und abzurunden.
Beispielsweise kann eine Armbewegung nur
über das Schultergelenk laufen oder aber durch
Gleiten des Schulterblattes auf dem Brustkorb
unterstützt werden. Mit solchen „abgerunde-
ten“ Abläufen schonen wir unsere Gelenke, weil
Bewegungen nicht von einem Gelenk allein
getragen werden müssen. Dabei wird die Be-
wegungsvielfalt größer, also die Möglichkeit,
aus vielen Bewegungsvarianten auswählen zu
können, und die Bewegungskoordination wird
feiner abgestimmt. Dies erleichtert uns das Ar-
beiten im Baum, bei dem wir uns in einem
ständig wechselnden und sich bewegenden
Umfeld zurechtfinden müssen. Und das bei z. T.
extremen Körperhaltungen, in denen wir nicht
nur unser Körpergewicht, sondern auch Motor-
sägen, Äste oder Stammstücke halten müssen.
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